Die Stadtverwaltung Potsdam meldete gestern einen Cyber-Angriff auf ihr IT-gestütztes Verwaltungsnetz. Nach Angaben der Stadt waren in den vergangen Tagen exorbitant viele Ungereimtheiten in deren zentralen Netzzugängen festgestellt worden.
Nach Berliner Kammergericht jetzt auch Potsdamer Verwaltung Opfer von Cyber-Attacke
Der Oberbürgermeister der Stadt Potsdam, Mike Schubert, verwies auf eine gefährliche Sicherheitslücke in der Software des externen IT-Dienstleisters Citrix bei mehreren tausend Servern, darunter auch zahlreiche Behörden.
Das Bürgeramt in Potsdam ist weitgehend lahmgelegt. Beurkundungen können nicht vorgenommen werden, z. B. Geburtsurkunde, und Personalausweise können nicht beantragt werden.
Vorsorglich habe man das Internet abgeschaltet, um einen möglichen Datenverlust zu verhindern.
Bereits im September 2019 war das Berliner Kammergericht durch den Computervirus "Emotet" vorübergehend vom Netz genommen worden. Auch das Kammergericht hat seine IT-gestützten Kommunikationswege an externe IT-Dienstleistungsunternehmen ausgelagert.
Und nun ist es wieder passiert. Auch in Potsdam werden durch die Auslagerung der IT-gestützten Verwaltungskommunikation Daten veruntreut. Nach Angaben Schuberts sei zwar nicht davon auszugehen, daß Daten von Bürgern abgegriffen wurden. Doch sicher ausschließen läßt sich dies zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
Die eigentlichen Opfer sind jedoch nicht die Justiz- und Verwaltungsbehörden, sondern die Menschen, deren Daten ohne ihr Wissen und ohne ihre Genehmigung Dritten zur Wertschöpfung überantwortet wurden.
IT-Systeme der Verwaltung sind – wie IT-Systeme in der Justiz und alle anderen IT-gestützten Kommunikationssysteme – anfällig für Schadsoftware und Cyber-Attacken. Wer an Daten heranwill, der kommt auch ran.
Was lernen wir daraus?
Die Speicherung von Vorgängen in Justiz und Verwaltung mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung ist so lange verantwortungslos, wie der elektronische Datenbestand weder unveränderlich zu sichern noch zuverlässig in seinem Bestand zu bewahren ist. Es fehlt, wie die Vorgänge am Kammergericht in Berlin und nun auch in der Verwaltung in Potsdam beweisen, an zuverlässiger technischer Beherrschbarkeit.
Ach wie schön war doch die gute alte Zeit, als man noch handschriftlich einen "Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars" stellen konnte. Da wieherte zwar oft der Amtsschimmel, aber man konnte wenigstens sicher sein, daß die Daten da bleiben, wo sie hingehören und nicht als Handelsware vermarktet werden.
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